Sportschießen - die richtige Sportart für Jugendliche?

Antworten von Dr. Hannes Kratzer

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Übungsleiter und Trainer berichten immer wieder, dass
Eltern oftmals gar nicht so begeistert sind, wenn sich ihr
Kind dem Sportschießen zuwendet. Viele Eltern wissen zu
wenig über unsere Sportart, was manche Vorbehalte ver-
ständlich macht. Andere versuchen, das Sportschießen in die
Nähe militärischer Aktivitäten zu rücken oder betonen ver-
meintliche gesundheitsschädliche Aspekte.

Vorbehalt 1 :

"Schießen ist eine bewegungsarme Sportart und somit kein
Ausgleich für psychische Belastungen in Schule und Beruf."

Manche Eltern sind der Meinung, dass es genügt, wenn ihre
Kinder in der Schule stillsitzen und sich konzentrieren müs-
sen. Schießtraining stellt die gleichen Anforderungen (statt
stillsitzen eben nur stillliegen, -knien oder -stehen), demnach
kann es kein Ausgleich sein, sondern führt nur zur Verstär-
kung ohnehin vorhandener Belastungswirkungen.

Den vorgetragenen Argumenten kann man natürlich zunächst
mit einer Erläuterung der vielfältigen Trainingsmittel im
Sportschießen begegnen, die gerade im Kindes- und Jugend-
alter auch auf die Entwicklung athletischer Leistungsvoraus-
setzungen gerichtet sind und neben Kraft- und Konditions-
training auch die verschiedensten Spielformen einschließen.

Sportschießen stellt zwar hohe Anforderungen an geistige
Leistungsvoraussetzungen, das ist aber immer gekoppelt mit
einer nahezu perfekten Körperbeherrschung. Wie bei kaum
einer anderen Sportart ist ein harmonisches Zusammenwir-
ken von Körper und Geist erforderlich. In diesem Sinne ist
das Sportschießen selbstverständlich auch als Ausgleich für
Schüler und Auszubildende anzusehen.

Vorbehalt 2:
"Sportschießen ist nicht geeignet, für das spätere Leben
wichtige psychische Eigenschaften zu entwickeln."

Die Mutter eines 14jährigen Schülers, selbst Lehrerin, äußer-
te sich folgendermaßen: "In anderen Sportarten (z.B. Laufen,
Rudern, Schwimmen) werden Willenseigenschaften ent-
wickelt, die für das spätere Leben nützlich sind. Schießen ist
etwas für welche, die sich nicht anstrengen wollen." Diese
für Schützen völlig unverständliche Meinung kommt immer
wieder in den unterschiedlichsten Varianten vor. Umfangrei-
che Untersuchungen mit Sportlern unterschiedlichen Alters
und Leistungsniveaus haben gezeigt, dass der Wille, "sich
körperlich zu schinden", tatsächlich in o. g. Disziplinen ent-
wickelt wird. Andererseits sind aber Schützen viel besser in
der Lage, konzentrative Leistungen über einen längeren Zeit-
raum zu erbringen. So mancher Schütze, der bei einem Aus-
dauerlauf vorzeitig aufgibt, zeigt erhebliche Willensqualitä-
ten bei lang andauernden geistigen Anforderungen. Durch
das Schießen werden Willenseigenschaften gefördert, die
heute Voraussetzung für die Erfüllung vieler Aufgaben in
Schule und Beruf sind, denn nur selten werden hier körper-
liche Höchstleistungen verlangt, wohl aber geistige.

 

Vorbehalt 3:
"Schießen ist eine militante Sportart, erhöht die
Aggressionsbereitschaft von Kindern und Jugendlichen."

Ein Sportschütze betrachtet seine Waffe als Sportgerät. Er
bekämpft keine Gegner, sondern sieht seine Erfüllung darin,

sich selbst so zu steuern und zu beherrschen, dass höchste 
Präzisionsleistungen vollbracht werden können. Im Deut-
schen Schützenbund werden keine Disziplinen geschossen,
die diese Prinzipien verletzen. Ein Sportschütze richtet seine
Waffe nicht auf andere Menschen, lernt er doch vom ersten
Tag an, dass Erfolg in dieser schwierigen Disziplin Selbstbe-
herrschung und emotionale Stabilität erfordern und dass Wut
und Aggressionen gegenüber Dingen oder Personen die Lei-
stung nur beeinträchtigen.

Vorbehalt 4:
"Schießen ist gesundheitsgefährdend.
"

Erwähnt wird hier in erster Linie der Lärm, der zu entspre-
chenden Hörschäden führen soll. Trägt der Schütze aber
konsequent von Anbeginn seiner schießsportlichen Karriere
Gehörschutz, so kann davon ausgegangen werden, dass kei-
nerlei Schäden entstehen. Wesentlich gefährdender ist hier
das Hören lauter Musik (vor allem über Kopfhörer), welches
nachweislich bei vielen Jugendlichen schon zu Gehörschä-
den geführt hat. Darüber hinaus existieren in unserer
Umwelt eine Vielzahl von Lärmquellen, die wir über uns
ergehen lassen, ohne Hörschutz zu tragen.

Einige Eltern befürchten aufgrund der speziellen Anschlag-
haltung (besonders Gewehr stehend) Haltungsschäden bis
hin zur Ausprägung chronischer Rückenbeschwerden. Diese
Gefahr besteht immer dann, wenn die athletischen Voraus-
setzungen des Schützen ungenügend entwickelt sind. Bei
Kindern und Jugendlichen ist deshalb die athletische Grund-
ausbildung, die gezielte Stärkung der entsprechenden Mus-
kelpartien, eine Aufgabe, die der Trainer nicht vernach-
lässigen darf.

Selbstverständlich gibt es weitere Vorbehalte gegen das
Sportschießen, doch keiner ist geeignet, den Persönlichkeits
bildenden Wert unserer Sportart zu widerlegen. Durch
schießsportliches Training werden Eigenschaften gefördert,
die auch für die Bewältigung schulischer oder beruflicher
Anforderungen von Bedeutung sind.

Die Tatsache, dass der Sportschütze in erster Linie gegen
sich selbst kämpft, ständig versucht, unangemessene Erre-
gungszustände zu beherrschen und in Bewährungssituatio-
nen sein Leistungsvermögen umzusetzen, macht ihn sen-
sibler auch für die Probleme anderer Sportler. Er wird nicht

zum Einzelgänger, sondern entwickelt Verständnis für ande-
re, die ebenso wie er versuchen, mit den eigenen Unzuläng-
lichkeiten fertig zu werden.

Der hohe Wiederholungsgrad, die speziellen Anforderun-
gen an geistige Prozesse sowie an Präzision, Dosierung und
Abstimmung der Feinmotorik, verbunden mit einer exakten
Leistungsrückmeldung, vermitteln dem Anfänger häufiger
Erfolgserlebnisse, als dies bei manch anderen Sportarten der
Fall ist. Das ist insbesondere für Schüler wichtig, die sonst
nur wenig Beachtung (oder gar negative Reaktionen) bei
sportlichen Aktivitäten erfahren. Die so gewonnene Aner-
kennung und Leistungsfähigkeit ist für die Persönlichkeits-
entwicklung von Kindern und Jugendlichen von unschätzba-
rem Wert.

Dr. Hannes Kratzer